Tischtennis Aufschlag – Alle Regeln, Tricks und Hintergründe

1. Einleitung

«Welcome to the Pleasuredom», liebe Interessierten, ob Anfänger, ob «Vereinsspieler», hier seid Ihr richtig. Beim Tischtennis, eine der schnellsten Ballsportarten der Welt. Und ich sage Euch, wer erst einmal der Magie dieses großartigen Sportes verfallen ist, den lässt sie auch so schnell nicht wieder los. So ist es kein Wunder, dass über alle Altersklassen hinweg, selbst über 80-jährige Aktive noch begeistert diesem Sport mit Hingabe frönen.

Was findet Ihr in den nachstehenden Ausführungen? Für die Neugierigen bzw. Anfänger Hinweise, warum und wie ein Aufschlag im Tischtennis zu bewerkstelligen ist und für die Erfahrenen unter Euch, einmal grundsätzlich über die wachsende Bedeutung des Aufschlages mit deren Folgewirkungen nachzudenken (siehe Kapitel 2.)

Doch widmen wir uns zuerst den Einsteigern dieser außergewöhnlichen Sportart.

1.1 Erste Berührungen und mögliche Frustationen bei der Ausübung des Tischtennissportes

Es ist immer wieder erstaunlich zu beobachten, wie gerade kleinere Kinder sich dem Tischtennissport nähern. Im krassen Gegensatz zu der eigenen Spielstärke werden sie oftmals von den liebevollen Eltern zuweilen mit einem viel zu teuren «Timo-Boll-Schläger» oder «Profi- Belägen» ausgestattet. Voller Euphorie geht›s dann an den Trainingstisch. Und welche Frustationen bis zu bitteren Tränen sind dann sehr schnell zu beobachten? Der Tisch ist viel zu kurz, das Ding da in der Mitte, als Netz tituliert, stört ungemein und zuweilen ist auch noch – jedenfalls gefühlt – die Deckenhöhe viel zu niedrig.

 

1.2 Feingefühl und Übersicht statt Kraft – Ein ganz neues Lebensgefühl

Tischtennis ist schon eine ganz außergewöhnliche Sportart. Während Kinder schnell lernen, dass man für alltägliche Dinge wie Tür öffnen, eine Selterflasche aufschrauben oder an der Kletterstange in erster Linie Kraft braucht, verkehrt sich dieser Anspruch im Tischtennissport genau ins Gegenteil, nämlich Feingefühl und Übersicht stehen im Mittelpunkt.

Plötzlich soll eine 2,7 Gramm schwere und im Durchmesser rund 40 mm Kugel über ein Hindernis mittels eines Holzteiles (sprich Schläger) an dem ein zuweilen merkwürdig riechendes Gummi befestigt ist, gedrückt/ befördert/geschlagen werden. Wie verrückt ist das denn?

Kinder, die bereits ein kleines Haustier wie Hamster oder Katze haben, sind meist eher in der Lage, Vorsicht walten zu lassen, wenn man denen mit dem Ausdruck «Ihr müsst den Ball wie einen Freund – nämlich ganz sanft – handhaben, und nicht einfach drauf «los kloppen». Welch ein Paradigmenwechsel für viele Kinder.

Und kurz darauf steht man als Trainer vor der nächsten Hürde: Wie und vor allem wann bringt man den Kindern die Notwendigkeit sowie die Technik des Aufschlags bei?

Nach meinen Beobachtungen, sind die Kleinen erst einmal stolz, wenn überhaupt ein Ball getroffen wird und dieser sogar die schwere Hürde des Netzes und dann als Krönung noch auf der gegnerischen Plattenseite korrekt aufprallt, nimmt. Das tut dem Ego der Kleinen richtiggehend gut. Erfolg ist immer der schönste Erfolg.

1.3 Erste Aufschlagübungen

Bereits nach kurzer Zeit des freien «Rumdaddelns» an der Platte wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit in jeder Trainingsgruppe jemand geben, der darauf hinweist, der Aufschlag des Gegenübers wäre doch «so was an absolut falsch». Was ist denn häufig bei unseren «Kiddies» zu beobachten?

Entweder schlagen sie den Ball – vorzugsweise mit der Rückhand (meist direkt über der Platte) – direkt ins gegnerische Feld oder aber die «Fortgeschrittenen» lassen den Ball aus ihrer Hand einfach fallen, auf die eigene Tischhälfte auftropfen und setzen dann zum Schlage an.

Ob es als ratsam erscheint, bereits die Anfänger oder Neugierigen unserer tollen Sportart gleich mit den komplexen Regularien wie «korrekter Aufschlag lt. Regelkunde des DTTB» zu konfrontieren, hierzu mag es durchaus geteilte Meinungen geben. Meine dazu: In erster Linie geht es doch darum, den Kindern die Freude nicht zu nehmen. Lasst sie einfach spielen. Auch wenn beide der oben aufgeführten Aufschlagarten nicht den internationalen Regeln entsprechen. Haben wir Kinder nicht auch gerne Fußball auf dem Schulgelände mit zwei kleinen imaginären Toren gespielt oder Basketball in einen Papierkorb? Lassen wir also den Anfängern bitte die Freude am Tisch!

 

1.4 Notwendigkeit der Akzeptanz des Regelwerkes

Bereits nach einer gewissen Sicherheit am Tisch, haben – man kann es trotz des «Genderismus» nicht leugnen – die Jungen (stärker als die Mädchen) untereinander den Wunsch, sich einander zu messen. Und dann kommt zwangsläufig ein Regelwerk zum Tragen. Denn ohne Regeln funktioniert ein Sport nun einmal nicht. Und spätestens dann spielen entweder beide Aktive einen regelnonkonformen Aufschlag, weil ihnen die Aufschlagregel unbekannt ist bzw. leider kein Trainer in der Nähe oder man nähert sich schrittweise der korrekten Ausführung eines Aufschlages.

 

1.5 Warum überhaupt ein Aufschlag beim Tischtennis?

Als Trainer kann man durchaus ins Grübeln geraten, wenn man mit der Frage konfrontiert wird, warum überhaupt ein Aufschlag im Tischtennissport praktiziert werden muss. Man könne doch wie beim Flipper den Ball maschinell ins Feld bringen oder über eine Rampe einrollen lassen.

Prinzipiell eine gute Idee, nur mit diversen Nachteilen behaftet. Denn selbst das Einrollen oder Einwerfen über eine dritte Person oder gar einer Rampe, birgt Unwägbarkeiten und fördert nicht zwangsläufig den Gerechtigkeitsgedanken.

Zudem wäre eine zusätzliche technische oder menschliche Komponente notwendig. Und irgendwie muss ja der kleine 2,7 gr. schwere Ball ins Spiel gebracht werden. Somit ist der Aufschlag durch die Aktiven selbst als wesentliche Spielkomponente unverzichtbar.

 

1.6 Auswahl des Aufschlages

Bevor man allerdings ein Tischtennismatch mit einem Aufschlag startet, muss bestimmt werden, welcher der beiden am Tisch befindlichen Aktiven überhaupt den ersten Aufschlag durchführen darf.

Die Auswahl des Aufschlages erfolgt durch Los des Schiedsrichters.

Spielt man als Hobbyspieler ohne Schiedsrichter ist es durchaus üblich, dass ein Spieler den Ball (versteckt in einer Hand) unter der Platte hält und seinem Gegenüber das Wahlrecht (rechte oder linke Hand) überläßt.

Um jetzt dem «Verlierer» des Aufschlagrechtes einen kleinen Ausgleich zu gewähren, kann dieser jetzt die Seitenwahl für sich in Anspruch nehmen.

Der Gewinner des Aufschlagsrechtes kann allerdings auch auf sein Aufschlagrecht verzichten und dafür dann die Seitenwahl (bei Bedarf) in Anspruch nehmen.

 

1.7 Was alles bei der Ausführung eines korrekten Aufschlages zu beachten ist

Nachdem der Punkt des Aufschlagsrechtes durch die Auslosung geklärt ist, hat der Aufschläger zwei Aufschläge in möglichst korrekter Ausübung (also Ballhöhe, Flugbahn, sichtbar für den Gegner und nicht über dem Tisch) zu absolvieren.

Will man einen Aufschlag eines Tischtennisballes korrekt (also den Regeln des Internationalen Tischtennisverbandes) entsprechen, bedarf es bei diesem komplexen Schlages einiger Übung und Grundwissens:

 

  • Der Aufschlag beginnt damit, dass der Ball frei auf dem geöffneten Handteller der ruhig gehaltenen freien Hand des Aufschlägers liegt.
  • Der Aufschläger wirft dann den Ball, ohne ihm einen Effet zu versetzen, nahezu senkrecht so hoch, dass er nach Verlassen des Handtellers der freien Hand mindestens 16 cm aufsteigt und dann herab fällt, ohne etwas zu berühren, bevor er geschlagen wird.
  • Der Aufschlag muss – bis er geschlagen wird – oberhalb der Ebene der Spielfläche und hinter der Grundlinie des Aufschlägers befinden. (daraus folgt: Ein Aufschlag direkt über dem Tisch oder gar unterhalb des Tisches geschlagen ist nicht gestattet und führt zu einem Punkt für den Gegner).
  • Sobald der Ball hoch geworfen wurde, müssen der freie Arm und die freie Hand des Aufschlägers aus dem Raum zwischen dem Ball und dem Netz entfernt werden. Anm.: Dieser Raum wird definiert durch den Ball, das Netz und dessen imaginäre, unbegrenzte Ausdehnung nach oben. (Im Klartext: Der Ball darf nicht beim Aufschlag durch den eigenen Körper bzw. ein Körperteil abgedeckt werden)
  • Wenn der Ball herab fällt, muss der Aufschläger ihn so schlagen, dass er zunächst sein eigenes Spielfeld berührt und dann direkt in das Spielfeld des Rückschlägers springt oder es berührt.

Wer diese – für einen Anfänger – durchaus schwierige Hürden überwunden hat, kann sich dann in der Folge an dem weiteren Spielgeschehen erfreuen.

 

1.8 Aufschlagzählweise und Wechsel

Nach jeweils zwei Punkten (egal ob 2:0, 1:1 oder 0:2) wechselt das Aufschlagrecht an den Gegner, der nun wiederum zwei Aufschläge bis zum Punktgewinn absolviert.

Dieser Wechsel geht bis zum Gewinn des 11. Punktes mit mindestens 2 Punkten Differenz. Ist diese Differenz beim 11. Punkt nicht erreicht (also das Ergebnis z.B. 11:10, 10:11 oder gar 11:11), muss so lange das Spiel fortgesetzt werden, bis die 2-Punkte Differenz erreicht wird.

Nach dem erfolgreichen Abschluss des ersten Satzes werden (außer in Corona-Zeiten) die Seiten des Spieltisches gewechselt und das Aufschlagrecht wechselt an den Gegner. Somit wird gewährleistet, dass nicht immer derselbe Aktive mit dem Aufschlag beginnt.

Im Vereinssport (zumindest bei den überwiegenden Amateuren) wird i.d.R. mit 3 Gewinnsätzen gespielt und gezählt. Daraus folgt, dass ein Spiel maximal 5 Sätze dauern kann (3:2). Anm: Im Profibereich können abweichende Regeln gelten).

 

1.9 Der Fehlaufschlag

Wenn der Ball beim Aufschlag ins Netz geht, kann das unterschiedliche Ursachen haben. Entweder wurde der Aufschlag zu kraftlos ausgeführt oder eben es wurde vergessen, dass der Plastikball nur 2,7 gr. schwer ist und dieser dann darunter leiden muss, zwar in guter Absicht, aber leider nicht regelkonform, in das Netz «gezimmert» wurde.

Ein Ball, der durch den Aufschläger ins Netz geschlagen wurde, wird natürlich sanktioniert. Mit einem Minuspunkt. Nun, es gibt gottlob beim Tischtennissport keine Minuspunkte für den Aufschläger, sondern der Gegner bekommt einen Punkt gut geschrieben.

Das alles mag sich auf den ersten Augenblick etwas merkwürdig anhören, denn beim Fehlschuss auf ein Fußballtor bekommt die gegnerische Mannschaft ja auch kein Bonus-Tor, aber so ist nun einmal die Zählweise beim Tischtennis.

Eigene «Erfolge» werden bei sich selbst als Punkt «verbucht», gemachte Fehler, wie Fehlausschläge oder Schläge, die neben bzw. hinter der Platte landen (ohne vorher die gegnerische Tischseite zu berühren), bekommt der Gegner gut geschrieben.

Mannschaft ja auch kein Bonus-Tor, aber so ist nun einmal die Zählweise beim Tischtennis.

Eigene «Erfolge» werden bei sich selbst als Punkt «verbucht», gemachte Fehler, wie Fehlausschläge oder Schläge, die neben bzw. hinter der Platte landen (ohne vorher die gegnerische Tischseite zu berühren), bekommt der Gegner gut geschrieben.

 

1.10 Der Netzball verbunden mit einer Aufschlagwiederholung

Beim Aufschlag gilt es zu beachten, dass zuweilen die Netzkante berührt wird, bevor sich der Aufschlag auf der gegnerischen Seite erfreut.

Wie beim Tennissport, kommt dem Netzball eine ganz besondere Bedeutung zu. Beim Tischtennis allerdings ist man hier großzügiger. Hier darf man bei einem beim Aufschlag-Netzroller den Ball wiederholen, ohne das es Konsequenzen für das Ergebnis eines Spieles hat.

Und ja, wenn man über ein ausgesprochen gutes «Händchen» verfügt, kann man durchaus mehrere Netzbälle direkt hintereinander fabrizieren. Die an den Hobbytischen zuweilen gemachte Beobachtung: Drei Netzbälle hintereinander führen zu einem Minuspunkt, mag zwar lustig und spielverkürzend sein, entsprechen aber keinesfalls der Regel.

Kinder und Anfänger sind natürlich die besten Beobachter, was an anderen Tischen so alles an Aufschlägen praktiziert wird, und so kommt dann (auch ohne Trainer) zur Abwechselung der Vorhandaufschlag zum Einsatz. Dieser unterliegt den gleichen Anforderungen wie der bereits aufgeführte Rückhandaufschlag.

Ein oftmals beobachtete Fehler, ist der Sachverhalt, dass gerade kleinere Kinder, den Ball beim Aufschlag direkt über der Platte fabrizieren (wobei – wen wir «Amateure» mal ganz ehrlich sind, zuweilen «rutscht» uns der Ball bei Aufschlag gefährlich nahe an oder gar über dem Tisch). Solch ein Aufschlag über dem Tisch, wird bei einem aufmerksamen Schiedsrichter gnadenlos als Fehler moniert – unabhängig ob ein Aufschlag mit Rückhand oder Vorhand praktiziert wird.

 

1.11 Aufschlag und Wechsel im Doppel bzw. Mixed

Beim Aufschlag gilt es zu beachten, dass zuweilen die Netzkante berührt wird, bevor sich der Aufschlag auf der gegnerischen Seite erfreut.

Wie beim Tennissport, kommt dem Netzball eine ganz besondere Bedeutung zu. Beim Tischtennis allerdings ist man hier großzügiger. Hier darf man bei einem beim Aufschlag-Netzroller den Ball wiederholen, ohne das es Konsequenzen für das Ergebnis eines Spieles hat.

Und ja, wenn man über ein ausgesprochen gutes «Händchen» verfügt, kann man durchaus mehrere Netzbälle direkt hintereinander fabrizieren. Die an den Hobbytischen zuweilen gemachte Beobachtung: Drei Netzbälle hintereinander führen zu einem Minuspunkt, mag zwar lustig und spielverkürzend sein, entsprechen aber keinesfalls der Regel.

Kinder und Anfänger sind natürlich die besten Beobachter, was an anderen Tischen so alles an Aufschlägen praktiziert wird, und so kommt dann (auch ohne Trainer) zur Abwechselung der Vorhandaufschlag zum Einsatz. Dieser unterliegt den gleichen Anforderungen wie der bereits aufgeführte Rückhandaufschlag.

Ein oftmals beobachtete Fehler, ist der Sachverhalt, dass gerade kleinere Kinder, den Ball beim Aufschlag direkt über der Platte fabrizieren (wobei – wen wir «Amateure» mal ganz ehrlich sind, zuweilen «rutscht» uns der Ball bei Aufschlag gefährlich nahe an oder gar über dem Tisch). Solch ein Aufschlag über dem Tisch, wird bei einem aufmerksamen Schiedsrichter gnadenlos als Fehler moniert – unabhängig ob ein Aufschlag mit Rückhand oder Vorhand praktiziert wird.

Doch damit nicht genug. Im Entscheidungssatz eines Matches muss nach dem 5 Punkt eines Satzes sowohl die Tischseite als auch die jeweilige Stellung des Aufschlagannehmenden gewechselt werden (ja, ja, der Gerechtigkeit halber).

Das mag beim ersten Lesen alles sehr verwirrend klingen, wird sich aber nach mehrmaliger Praxis bald «automatisch» einschleifen und mir ist auch kein Fall bekannt, wo man sich bei einer unklaren Stellungsstituation eines Doppels/Mixed nicht irgendwie arrangierte.

Nicht selten möchten aber mehrere Kinder an einen Spieltisch und spielen «Runde». Welche Regeln greifen aber hier?

Ganz einfach. Dafür gibt es keine Regeln, weil «Runde» kein offizielles Wettkampfelement des Deutschen bzw. Internationalen Tichtenniswettkampfsportes ist.

 

1.12 Schiedsrichtereinsatz im Wettkampfsport und Besonderheiten beim Zählen des Aufschlages

Die nachstehenden Regelausführungen betreffen in erster Linie Aktive, die bereits am Wettkampfsport teilnehmen.

Es liegt in der Verantwortlichkeit des Spielers, so aufzuschlagen, dass der Schiedsrichter oder der Schiedsrichter-Assistent überzeugt sein kann, dass er die Bedingungen der Regeln erfüllt, und jeder der beiden kann entscheiden, dass ein Aufschlag unzulässig ist.

Wenn entweder der Schiedsrichter oder sein Assistent über die Zulässigkeit eines Aufschlags nicht sicher ist, kann er, beim ersten Vorkommnis in einem Spiel, das Spiel unterbrechen und den Aufschläger verwarnen. Jeder folgende nicht eindeutig zulässige Aufschlag dieses Spielers oder seines Doppelpartners gilt jedoch als unzulässig.

In Ausnahmefällen kann der Schiedsrichter die Erfordernisse für einen korrekten Aufschlag lockern, wenn er überzeugt ist, dass ein Spieler sie wegen einer Körperbehinderung nicht einhalten kann

 

1.13 Führt die Aufschlagregel überhaupt zu einer gerechten Verteilung beim Aufschlag?

Diese Frage kann nur mit «Jein» beantwortet werden! Prinzipiell haben sich die Regelhüter schon tiefgehend Gedanken gemacht, damit nicht einer der beiden Aktiven durch den Aufschlag benachteiligt wird. Leider gelingt dieses nicht vollständig.

Betrachten wir einmal die Auswahl des Aufschlags und deren Durchführung:

Bedienen wir uns eines kleinen Beispiels: Die Herren Rot und Schwarz spielen ein Match über 3 Gewinnsätze aus. Rot hat Aufschlag und gewinnt 11:0. Daraus folgt: Rot hatte das Aufschlagrecht über 6 Bälle, Schwarz aber nur über 5.

Wir merken uns, immer dann, wenn die Summe der erzielten Punkte von den Spielern Rot und Schwarz UNGERADE ist, hat der Aufschläger 1 Aufschlag mehr im Satz praktizieren dürfen.

Bei einer geraden Summe (z.B. 11:5 =16) ergibt sich eine gerechte Verteilung des praktizierten Aufschlags.

Bevor nun ein landesweiter Aufschrei erfolgt, gemach, es gibt ja noch einen zweiten und mindestens einen dritten Spielsatz, wo das Aufschlagsrecht ja auch wechselt.

Aber natürlich werden unsere mathematisch bewanderten Leser sofort erkennen, dass bei einer 3:0 oder 3:2 Endergebnis durchaus eine Differenz von einem Aufschlag auftreten kann. Das mag jetzt sehr kleinkariert erscheinen, da sich ein Spiel überwiegend über andere Faktoren entscheided als durch eine mögliche Differenz beim Aufschlagsrecht.

 

2. Der Aufschlag im Tischtennissport – Lust oder Last (Der Versuch einer kritischen Analyse)

 

Vorwort

“Der Aufschlag”. Alleine dieser Ausdruck treibt vielen aktiven Tischtennisspielern aber auch Schiedsrichtern und Funktionären Schweißperlen auf die Stirn und in der Folge den Blutdruck in ungeahnte Höhen.

Beim Thema “Aufschlag” sind bereits die engsten Freundschaften zerbrochen, wüste Beschimpfungen gegen den Gegner (“Dein Aufschlag war ja so was an falsch!)” oder zahllose Auseinandersetzungen zwischen Aktiven mit den Schiedsrichtern bis hin zu Oberschiedsrichtern, dass man als unbeteiligter Zuschauer bei internationale hochkarätigen Turnieren Angst bekommt, dieser Zwist könne gar die freundschaftlichen Beziehungen zwischen beteiligten Nationen führen. Diskussionen um einen einzigen Aufschlag und dessen korrekte Ausführung werden ernsthaft, langwierig und zum Teil auch lautstark geführt. Und alles nur wegen eines “simplen” Aufschlags?!

Und seien wir doch einmal ganz ehrlich, haben wir nicht alle schon einmal Äußerungen gegen unserem Tischgegenüber verlauten lassen – oder zumindest gedacht, “Du Blindfisch, Du kannst doch gar nicht spielen, Du hast doch nur wegen deiner Aufschläge gewonnen”?

Solche Äußerungen beruhigen primär das eigene Gewissen und lassen den erlebten Frust abklingen, sind aber nicht zwangsläufig im sportlichen bzw. freundschaftlichen Sinne unseres Sportes förderlich.

Bevor wir uns dieses durchaus spannenden Themas “Aufschlag” weiter mit dem “Ist-Zustand” bemächtigen, ist es zielführend, sich erst einmal mit dem “Soll” auseinander zu setzen.

Und was eignet sich besser als unser offizielles Reglement des Internationalen Deutschen Tischtennis-Verbandes ITTF (Quelle: Deutscher Tischtennisbund, Internationale Tischtennisregeln).

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich bewundere die Leute hinter den Kulissen, i. d. R. eifrige Funktionäre, die verzweifelt versuchen, für unse geliebte Sportart, die nicht ganz einfach in einen Regeltext zu pressen scheint, entsprechende Vorgaben zu formulieren, die schlicht und nachvollziehbar sind. Zudem wird die Quadratur des Kreises angestrebt, nämlich allen Zielgruppen – von der Kreisklasse bis hin zu den Top-Profis – gerecht zu werden. Welch ein hehres Ziel.

Leider gab es in der Vergangenheit immer Zielgruppen oder Interessenverbände, die je nach Änderung der Regeln – und hier insbesondere der Aufschlagregel – ihre Missbilligung, Frust oder gar Widerstand lautstark äußerten, dem Vernehmen nach sogar bis hin zur Austrittsgebärde aus dem ITTF.

Mein Lieblingsspruch aus dem Gebiet der IT-Sicherheit übernommen lautet ja: “Es gibt kein narrensicheres System, die Narren sind zu einfallsreich.” Was will der Autor denn damit versuchen auszudrücken? Ganz einfach: Egal in welche Richtung die werten Regelhüter des ITTF tendieren. Es wird immer Bedenken und Proteste geben. Zum einen die konservative Fraktion, die wie eine große weltliche Kirche Angst vor der noch so kleinen Veränderung hat, auf der anderen Seite die progressive Front, die noch viel tiefer greifende Änderungen bei der Aufschlagregel beführworten.

Nicht zu vergessen, die große Fraktion von Hobbyspielern, die am liebsten die Bedeutung des Aufschlages weitestgehend negiert, weil deren Bestreben und Spaß primär darauf ausgerichtet ist, den Ball möglichst lange im Spiel zu halten.

Und nun kommst “Du” und sollst für alle diese heterogenen Zielgruppen eine gemeinsame tragfähige Lösung anbieten. Da würde selbst ein Albert Einstein eher die Relativitätstheorie für Gallensteine verkünden können. Also, hegen wir Nachsicht mit den Hütern der Aufschlagregel. Die Problematik eines TT-Aufschlags ist mindestens so vielschichtig wie die gerechte Verteilung von Coronahilfen.

Steigen wir also gemeinsam in die Untiefen des offiziellen Regelwerks des ITTF ein. Was finden wir dort über den Aufschlag?

 

2.1 Das Regelwerk

6 Der Aufschlag

6.1 Zu Beginn des Aufschlags ruht der Ball frei auf dem Handteller der unbewegten freien Hand des Aufschlägers.

6.2 Der Aufschläger wirft dann den Ball, ohne ihm Effet zu verleihen, beinahe senkrecht so hoch, dass dieser nach dem Verlassen des Handtellers der freien Hand mindestens 16cm aufsteigt und ohne etwas zu berühren wieder hinabfällt, ehe er geschlagen wird.

6.3 Während der Ball fällt, schlägt ihn der Aufschläger so, dass er zuerst sein Spielfeld und direkt darauf das Spielfeld des Gegners berührt. Im Doppelspiel berührt der Ball zuerst die rechte Spielfeldhälfte des Aufschlägers und dann die rechte Spielfeldhälfte des Rückschlägers.

6.4 Der Ball befindet sich vom Anfang des Aufschlags bis zu dem Moment, in dem er geschlagen wird, oberhalb des Spielflächenniveaus und hinter der Grundlinie des Aufschlägers; er wird für den Rückschläger weder durch den Aufschläger oder dessen Doppelpartner noch durch etwas, was diese an oder bei sich tragen, verdeckt.

6.5 Sobald der Ball hochgeworfen wurde, werden der freie Arm und die freie Hand des Aufschlägers aus dem Raum zwischen Ball und Netz entfernt. Der Raum zwischen Ball und Netz ist bestimmt durch den Ball, das Netz und dessen unbegrenzte Ausdehnung nach oben.

6.6 Es liegt in der Verantwortlichkeit des Spielers, den Aufschlag so auszuführen, dass Schiedsrichter oder Schiedsrichter-Assistent überzeugt sein können, dass er den Regeln entspricht; jeder der beiden kann entscheiden, dass ein Aufschlag regelwidrig ist.

6.6.1 Wenn entweder der Schiedsrichter oder der Schiedsrichter-Assistent die regelgerechte Ausführung des Aufschlags anzweifelt, kann er beim ersten solchen Vorkommnis im Spiel das Spiel unterbrechen und den Aufschläger verwarnen; jeder weitere nicht eindeutig regelgerechte Aufschlag dieses Spielers oder seines Doppelpartners wird dann als regelwidrig bewertet.

6.7 Der Schiedsrichter kann die Bestimmungen für einen regelgerechten Aufschlagausnahmsweise lockern, wenn er überzeugt ist, dass diese wegen einer körperlichen Beeinträchtigung nicht eingehalten werden können.

2.2 Persönliche Anmerkungen zum Regelwerk des ITTF, Punkt 6 Aufschlag

Ich habe mir erlaubt, bereits einige Ausführungen dieses Reglements “fett” zu markieren, weil sich gerade bei diesen Punkten – nicht nur in Theorie sondern auch im täglichen Spielgeschehen – wie ihr mir sicherlich beipflichten werdet – die Gemüter erhitzen.

Punkt 6.1 – Handteller.

Vereinzelt wird man – vorzugsweise in Turnieren von gut ausgebildeten Nachwuchsschiedsrichtern – dem Vorwurf ausgesetzt, man würde den Ball beim Aufschlaghochwurf nicht aus dem “Handteller” schlagen.

Und seien wir ehrlich, wer kann von der geneigten Leserschar schon eine hinreichende Definition dieses Begriffes “Handteller” liefern? Fragen wir also unser allwissendes Lexikon “Wikipedia”.

Aha, der Handteller ist die innere Fläche der Hand zwischen Handwurzel und dem Ansatz der Finger.

Jetzt wird bei allen Lesern, die sich beim Biologieunterricht eher der spannenden Frage der Fortpflanzung widmeten, die Frage aufploppen: “Und was ist denn eine Handwurzel?” Gut gefragt.

Laut Lexikon: Teil des Skeletts der Hand zwischen Mittelhand und Unterarm.

Auch auf die Gefahr, dass ich mir es jetzt mit allen Medizinern verderbe: Am Ende (der Wurzel) des Daumens befindet sich die Handwurzel. Was folgt aber aus dieser Erkenntnis? Ganz einfach, der TT-Ball muss NICHT ZWANGSLÄUFIG beim Aufschlag im Mittelpunkt unseres Handtellers liegen, da der Handteller, medizinisch betrachtet, durchaus eine größere Fläche einnehmen kann/einnimmt.

6.2 – Hochwurf.

Während man i.d.R. davon ausgehen kann, dass die Lage des Balles im Handteller beim Aufschlag weitestgehend konfliktfrei betrachtet wird, birgt gerade der Hochwurf des Balles eine Vielzahl von Fallstricken und somit Möglichkeiten der Fehlentscheidungen durch den Schiedsrichter.

Es bginnt schon mit dem Terminus: “beinahe senkrecht”. Aber was heißt das nun in der Realität?

Sind 5% Abweichung einer mathematisch ideal vertikal verlaufenden Geraden noch erlaubt oder gar 25%? Darüber hüllt sich das Reglement in diskretes Schweigen. Also hat der Schiedsrichter die Möglichkeit, hier seine eigene Werteskala zu vertreten, was auch in der Praxis bei nahezu JEDEM größeren Turnier zu unerfreulichen Diskussionen führt.

Wir halten fest: Die Vorgabe der Regel “beinahe senkrecht” bietet Tür und Tor für Fehlentscheidungen und ggfls sogar Willkür. Sie ist für das menschliche Auge bzw. für den Schiedsrichter nicht objektiv messbar.

Ein weiterer möglicher Diskussionspunkt stellt die Ballwurfhöhe aus dem Handteller von mindestens 16 cm dar. Wer will und kann das eigentlich genau messen? Selbst im Profisport kann man zuweilen beobachten, dass bewusst versucht wird (vorzugsweise bei den sogenannten “Gegenläufern” und “Kickaufschlägen”) mehr Schnitteffizienz zu erzeugen, indem die Aktiven anstreben, den Zeitraum des Balltreffpunktes vom Hochwurf bis zur Belagkontaktzeit zu verkürzen.

Selbst bei einem zweifelsfrei famosen und über alle Kritik erhabenen fairen Sportmann wie Timo Boll, habe ich vereinzelt diesen Effekt beobachten können: Das waren wohl keine 16 cm.

Wir halten fest: Auch die Regel “16 cm Ballhochwurf” führt zu regelmäßigem Diskussionsbedarf.

Auch sie ist (ohne technische Mittel wie im Tennis das Hawk-Eye) nicht wirksam kontrollierbar.

Ein häufiger Streitpunkt bei der regelgerechten Ausführung des Aufschlages ist die Anforderung, dass der Ball erst in der fallenden Phase des Hochwurfes mit dem Schläger in Kontakt gebracht werden darf.

Was erleben wir doch hier viele tolle Varianten in der Praxis? Und das nicht ausschließlich im Amateursport?

– Der Ball wird in der aufsteigenden Phase gegen die Schläger “geworfen”.

– Der Ball wird (vorzugsweise mit der Rückhand) direkt oder nahezu direkt aus der Hand geschlagen, aber keinesfalls in der fallenden Phase.

– Der Ball wird beim Kickaufschlag zu einem sehr frühen Zeitpunkt nahezu aus der Hand geschlagen. Bei dieser Aufschlagvariante treten oftmals mehrere Faktoren zusammen:

– zu geringe Ballhöhe,

– kein senkrechter (oder nahezu senkrechter) und

– verschärfend ein weitestgehend verdeckter Ballhochwurf.

6.4 “Verdeckung des Balles beim Aufschlag-Hochwurf.”

Zweifellos das momentan größte Problem für den Gegner sowie zur Beurteilung der korrekten Ausführung ist das Problem der “Ballver-” oder auch “Ballabdeckung”.

Die Vorgabe der Regel 6.4 ist eigentlich glasklar. Der Ball darf nicht durch den Aufschläger (und dazu gehört biologisch betrachtet eindeutig auch der eigene Körper dazu) bzw. durch die eigene Kleidung verdeckt werden. Soweit die Theorie.

In der Praxis werfen nahezu alle (Vladi Samsonow und Timo Boll sind eine der wenigen rühmliche Ausnahme im Welttischtennis, danke dafür), den Ball extrem eng am Körper hoch, biegen gleichnamigen in Richtung Tisch, decken somit den Ball für den Gegner vollständig ab und erst im letzten Augenblick – beim Kontakt von Schlägerbelag und Ball – wird dem Gegner Einsicht auf die Aufschlagaktion gewährt.

Wobei man kritisch anmerken muss, dass einige Aktive (sorry, Xu Xin, sorry Gustavo Tsuboi, um nur einige dieser Künstler zu nennen), diesen Zeitpunkt der möglichen Einsichtnahme zuweilen auch “verpassen” (ob bewusst oder unbewusst, sei einmal dahingestellt) und in der Folge die Aufschlagannahme zu einem Ratespiel verkommt.

Für die beiden Schiedsrichter ist es m. E. so gut wie unmöglich über die Ausführung eines korrekten Aufschlages zu urteilen, da beide seitlich vom Tisch sitzen und somit nach den Gesetzen der Physik, keine Einsicht über den Kontaktzeitpunkt sowie den Abdeckungsgrad des Balles haben können.

In der Folge staunt man als begeisterter Fan bei den per TV/InternetÜbertragungen, ob der willkürlichen Beurteilung der korrekten Aufschlagausführung der Schiedsrichter.

Wir halten fest: Die Regel 6.4 ist zwar eindeutig formuliert, die Verlockungen der Verletzung dieser Regel wird aber vom Amateursport bis in die oberste Weltklasse äußerst stark strapaziert, eben weil sie nicht kontrollierbar ist. Und das kennen das aus unserem täglichen Leben, überall dort, wo keine Kontrollen stattfinden, regiert nicht der Verstand, sondern kommt der persönliche Wertung zum Tragen.

2.3 Wie aber wird das Aufschlags-Regelwerk in der Praxis gelebt?

2.3.1 Kinder

Es ist schon spannend zu beobachten. Gibt man jüngeren Kindern, die sich gerne einmal am grünen Tisch probieren möchten, einen Ball und zwei Schläger, dann spielt in der Regel der Aufschlag überhaupt keine Rolle.

Mit Eifer wird entweder versucht, möglichst lange das Kunststück zu schaffen, den Ball im Spiel zu halten, oder wenn sie schon einmal Timo Boll (den kennen sie scheinbar alle), zugeschaut haben, den Ballwechsel per Schmetterschuss in Heldenmanier zu beenden.

2.3.2 Senioren

Meine subjektiven Beobachtungen in der Seniorenklasse sind die, dass gerade bei den älteren Semestern der Aufschlag eine nachrangige Rolle spielt. Wie bei den Kindern erfreut das Herz eines Senioren lange Ballwechsel oder ein kerniger Schmetterschuss.

Gleichfalls zu beobachten ist der Sachverhalt, dass lieb gewonnene Gewohnheiten aus alter Zeit, als so gut wie alles beim Aufschlag erlaubt war, sehr gerne bei Punktspielen und Turnieren abgerufen werden. Da wird der Ball direkt aus der Hand gespielt (mit einem Barna-Schläger höchst effizient) oder der Ballhochwurf wird zumindest erheblich verkürzt, um mit einem Rückhandoberschnitt den Gegner zu überrumpeln.

Allzuhäufige und intensiv geführte Diskussionen über die korrekte Ausführung des Aufschlages im Seniorenbereich habe ich äußerst selten erleben müssen.

In der Regel einigt man sich auf “Wiederholung”, obwohl diese Option eindeutig nicht im Regelwerk des ITTF enthalten ist. Man praktiziert also im wahrsten Sinne des Wortes “Selbstjustiz”, die aber nach meinem persönlichen Ermessen durchaus seinen Charme hat.

2.3.3 Amateurbereich

Es liegt auf der Hand, dass im Amateurbereich auch versucht wird, die komplexen Bewegungsabläufe der eigenen Vorbilder am grünen Tisch nachzuahmen.

Und selbst in unteren Klassen haben Aktive erstaunliche Fertigkeiten entwickelt, ihre Gegner beim Aufschlag in Angst und Schrecken zu versetzen.

Auch hier erlebt man zuweilen erstaunliche Diskussionen, wie “habe den Ball gar nicht gesehen”, “nie nimmst du deine Hand weg” oder “das waren doch nie und nimmer 16 cm”. Vor allem Männer scheinen eine merkwürdige Vorstellung zu haben, wie lang denn 16 cm wirklich sind. Erstaunlich, die Anforderung auf Umsetzung eines nahezu senkrechten Ballhochwurfes, habe ich so gut wie noch nie zwischen den Aktiven bis hoch in die Regionalliga erlebt.

Und so ist es nicht verwunderlich, dass selbst in höheren Klassen unseres Amateursportes der Hochwurf des Balles beim Aufschlag z.T. abenteuerliche elliptischen Flugkurven erduldet.

Seien wir ehrlich, ein überwältigender Teil der Aktiven wirft den Ball eindeutig nachvollziehbar zu sich her, um diesen dann in der Folge leichter mit dem Körper abdecken zu können oder zumindest wird versucht, dem Ball eine stärkere Rotation beim Aufschlag zu verleihen.

2.3.4 Profibereich

Für Profis hat der Aufschlag natürlich einen immens hohen Stellenwert. Denn es geht immer um zwei wesentliche Dinge: Um Punkte und Siege. Und damit natürlich verbunden um Anschlussverträge beim momentanen Club. Ohne Erfolge setzt sich naturgemaß eine verhängnisvolle Spirale mit finanziellen Folgen in Gange. Wer will schon verlieren?

Somit wird dem Aufschlag zwangsläufig ein bedeutsamer Eckpfeiler des Erfolges, dem eine viel höhere Bedeutung beigemessen als im Amateusport. Ohne einen effizienten Aufschlag kann man im Profibereich förmlich “einpacken”.

Für mich sehr schön bei dem deutschen Nationalspieler Steffen Mengel zu beobachten. Seitdem Stefan in stundenlanger Übung sein Aufschlagspiel im Training deutlich verbessert hat, stieg seine persönliche Erfolgsquote steil nach oben.

Was folgern wir daraus. Auch ohne die Verbesserung von Vor- bzw. Rückhand kann alleine durch den Aufschlag ein gravierender Leistungssprung erzielt werden.

Gerade die Chinesen haben das Potenzial des Aufschlages frühzeitig erkannt und es ist schon erstaunlich, dass nicht nur Weltklasseleute wie Ma Long oder Fan Zhendong ihr Handgelenk beim Kontakt Ball mit Belag förmlich “explodieren” lassen können, sondern auch die neue wilde chinesische Nachwuchsgarde – mit pfeilschnellen Beinen gesegnet -, zaubert Aufschläge mit verblüffender Kreativität und Effektivität.

Wir können davon ausgehen, dass bei den kommenden Highlights unserer Sportart (Weltmeisterschaft oder Olympiade) hier Innovationen oder zumindest neue Trends beim Aufschlag zu erwarten sind.

2.3.5 Mädchen- und Damenbereich

Ich will keineswegs die Aufschlagqualität im Mädchen- oder Damenbereich absprechen. Ganz im Gegenteil. War es doch Csilla Bartofi aus Ungarn, die eher als die meisten ihrer männlichen Pendents die Bedeutung des Aufschlages in den 80er-Jahren erkannte und ihr Training ganz gezielt auf diesen Ball ausrichtete.

Sie beherrschte in Perfektion als eine der ersten Aktiven weltweit den extremen Ballhochwurf beim Aufschlag und über 25!!! unterschiedliche Schnittvarianten.

Unvergessen, dass ihr Betreuer in kritischen Spiel-Situationen eine Zahl über die Bande (nicht ganz regelkonform) zurief, welche eine ganz bestimmte Aufschlagvariante vorsah.

Und natürlich demonstriert auch das schöne Geschlecht aus dem Land der Mitte ihre kunstvollen Aufschlagvarianten. Als Grund können wir davon ausgehen, dass in China bei der Schulung der Aufschläge keinen Unterschied zwischen Damen- und Herrenbereich gemacht wird.

2.4 Alltägliche Probleme der Schiedsrichter bei der

Bewertung eines Aufschlages Eigentlich ist so ein Schiedrichter “ganz arm dran”. Ich vergleiche das zuweilen, dass man von einem Tauben fordert, die Harmoniefolge einer Sinfonie zu beurteilen.

– Der oder die Schiedsrichter(in) hat/haben einen absolut ungeeigneten Blickwinkel (seitlich des Tisches), zudem – die zurzeit geltende Regel im hohen Maße interpretationsfähig ist. Welche Optionen ergeben sich somit zwangsläufig für den Referee?

a) der “harte Hund”

Er verwarnt bereits beim ersten ihm suspekten Aufschlag (noch ohne Konsequenzen – also Aufschlagfehler) für den aufschlagenden Aktiven und zählt dann gnadenlos – nach seiner Auslegung – jeden einzelnen weiteren Aufschlag, der nicht seine Gnade findet, ab.

Dabei kann man nur hoffen, dass dieses in gleicher Akribie für beide Seiten des grünen Tisches gilt.

Eine mehr als unangenehme Folge für den Typ “harter Hund”, könnte sich jedoch dann ergeben, wenn sich beide Kontrahenten durch diese pedantische Regelauslegung am Tisch gegen ihn solidarisieren und ihm beide deutlich zu erkennen geben, dass sie den Aufschlag des jeweiligen Gegners als vollkommen korrekt betrachten.

Das wäre ein Worst-Case- Szenario, denn dann hat man überhaupt keinen Verbündeten mehr – und auch die Zuschauer zollen i.d.R. diesem Schiedsrichtertyp nicht unbedingt Sympathiekundgebungen. Liebesentzug und Buhrufe könnten die mögliche Folge sein. Wer will das schon? Natürlich kann sich auch die unschöne Situation einstellen, dass ein renommierter Weltklassespieler, der sich bei dem Zelebrieren seines Aufschlages durch den Schiri ungerecht benachteiligt sieht, sogar den Zorn einer ganzen Nation auf sich zieht. Zumindest jedoch den Zorn des Nationaltrainers, Betreuers und des gesamten Staffs (bis hin zum Masseur).

Nicht selten ist zu beobachten, dass ein Schiedsrichter – der die Regelkunde zu exakt nimmt – vollkommen entnervt ausgetauscht werden muss. Obwohl auch dieses Ansinnen nicht zwangsläufiger Bestandteil der gültigen Aufschlagregel ist.

b) der Laissez-Fare Typ

Der Laissez-Fare Typ ist als Schiedsrichter immer sehr beliebt, interpretiert er doch in großherziger Manier die bestehende Aufschlagregel mit eigener verzeihenden Nachsicht. Für ihn gilt die Prämisse, sofern nicht einer der beiden Kontrahenten auffällige Vorteile beim Aufschlag vorzuweisen hat, “lass laufen”. Ballhochwurf und Abdeckung egal.

Ihm wird nach Ende des Matches sicherlich der Dank aller Aktiven zuteil werden.

c) der Parteiische

Gottlob spielt die Klasse der parteiischen Schiedsrichter eine sekundäre Rolle, wenn auch ihre Existenz beileibe nicht zu leugnen ist.

Es kommen zuweilen “interessante” Entscheidungen durch diesen besonderen Schiedsrichtertypus beim Aufschlag zusammen, die meist darin münden, dass man den Gegner (überwiegend aus der Gästemannschaft) mit Fehlpunkten beim Aufschlag bestraft und große Nachsicht bei seinen Kollegen der Heimmannschaft oder aus dem Heimatland übt.

Das führt nicht unbedingt zur Völkerverständigung bei, geschweige denn in den unteren Klassen zu einem Burgfrieden mit der Nachbarregion. Der Parteiische unterliegt den Zwängen, dass er von seinen Anhängern (zumindest verdeckt) geliebt, vom Gegnern hingegen mit tiefster Verachtung gestraft wird. Diesem Wechselbad der Gefühle muss man natürlich auch gewachsen sein.

Fazit: Egal, wie man es als Schiedsrichter seinen “Job” ausübt, viel Freunde gewinnt man nicht, – es sei denn, man orientiert sich eben nicht im vollen Umfang an dem vorgegebenen Handlungsrahmen, sprich Regelwerk, sondern ist in der Lage, Umsicht und Fingerspitzengefühl walten zu lassen.

2.5 Ist es legitim bzw. fair beim eigenen Aufschlag bis an die erlaubten Grenzen zu gehen?

Ich gestehe, nachdem ich diese Frage formuliert hatte, habe ich einen längeren Augenblick vor der Beantwortung gezögert und habe intensiv in mich gelauscht.

Wir Aktiven wissen aus der jahrelangen Praxis, die Grenze zwischen erlaubtem und verbotenem Aufschlag ist so zart, wie ein chinesisches Seidenpapier.

Wäre es denn nicht im Sinne der sportlichen Fairness, dass wenn schon das Regelwerk “versagt” bzw. äußerst schwierig durch Schiedsrichter nachzuvollziehen ist, sich wenigstens die Aktiven sportlich und korrekt verhalten, um den Anforderungen dieser Aufschlagregel im vollen Umfang zu entsprechen?

Sollte nicht die Fairness im Sport ganz oben auf der persönlichen Werteskala eines jeden Aktiven stehen?

Nach längerem Nachdenken bin ich für mich zu dem Ergebnis gelangt, dass wir Menschen nur deshalb überlebt und einen hohen Entwicklungstand erreicht haben, weil wir versucht haben, immer neue Grenzen auszuloten.

Wir sehen das täglich im Wirtschaftsleben. Sofern keine expliziten Verbote vorliegen, werden selbst fragwürdige Geschäfte getätigt, da kriegt man förmlich Schnappatmung. Und selbst, wenn es Gesetze gibt (wir denken an die bedauernswerte Automobilindustrie), dann wird eben “getrickst”, was das Zeug hält – weil man ja (so die Argumentaion) sich in einem rechtlichen Graubereich der Legalität bewegen würde…

Insofern ist das maximale Ausloten von Grenzen beim Aufschlag keine Besonderheit, sondern scheint bei uns Menschen in der DNA zu liegen. Welch bemerkenswerten Satz äußerte vor kurzem ein bedeutender “Gast” aus Berlin im TV? “Selber Schuld, Ihr macht ja die Gesetze, wir nutzen nur die Lücken aus”.

Und so taurig dieser Spruch klingt, im Endeffekt hat dieser Sachverhalt wohl auch für unseren Tischtennissport seine Gültigkeit. Wie sollte es auch anders sein.

2.6 “Tischtennisartisten”, die mit ihren Aufschlägen für Aufsehen erregten und beim Gegner für Verwirrung sorgten

Wie bereits ausgeführt, wurde selbst in der Weltelite in den 60ern bis 80ern der Aufschlag als nützliches Beiwerk betrachtet, um den überhaupt Ball ins Spiel zu bringen.

Seinerzeit lag der Fokus bei den Spielern eindeutig darin, mittels eines Top-Spin-Schlages dem Gegner die Punkte abzuluchsen. Daraus entwickelten sich zur Freude der Zuschauer überaus erbauliche Rallies. Viele Senioren kriegen immer noch glänzende Augen, wenn sie an die Spielkunst früherer Jahren denken.

Anfang der frühen 80er-Jahre verwandelte dann ein 17-jähriges schwedisches Wunderkind mit Namen Jan-Ove Walder, die Tischtennisszene in ein ehrfürchtiges Staunen.

Der Ball wurde von ihm, seinerzeit ungewohnt, hoch in die Luft geworfen, mit dem Körper voll abgedeckt (das durfte man damals noch) und mit einer blitzartigen Handgelenkbewegung hinter dem Körper (auch das durfte man damals noch) in Rotation versetzt. Für den Gegner war in der Folge lustiges Rätselraten angesagt.

Ich war selbst Gast in dieser denkwürdigen Stunde, als der damalige frischgebackene Jugendeuropameister Jan Ove in Hamburg Weltklasseleute aus Europa (China war damals bei Weitem noch nicht so dominant wie heute) düpierte.

Die Zuschauer staunten. Was machte der Kleine denn da? Wo lag sein eigentliches Erfolgsgeheimnis? In der Folge versuchten unzählige Hamburger Jungs dem guten Jan Ove nach zu eifern. Mit dem Ergebnis, dass uns der Gegner beim folgenden Punktspiel unseren imitierten Waldi- Aufschlag um die Ohren semmelten.

Ganz so einfach schien das Ganze dann doch nicht zu sein. Natürlich erweckte solch ein Erfolg – bedingt durch einen einzigen Schlag – Begehrlichkeiten bei der Konkurrenz und so wuchs langsam aber kontinuierlich die Anzahl der Aufschlagspezialisten. Ich bitte um Nachsicht, dass nachstehende Auflistung keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben kann und auch rein subjektiver Natur ist.

Bemerkenswerte Aufschlagkünstler aus Deutchland:

Frank Heggenberger, Richard Prause, Oliver Alke, Timo Boll, Bastian Steger, Dimitri Ovtcharov, Patrick Franziska, Ricardo Walther, Philipp Floritz, Ruwen Filus, Steffen Mengel, Benedikt Duda, Cedric Meissner, Tobias Hippler…

Bemerkenswerte Aufschlagkünstlerinnen aus Deutchland:

Han Ying , Petrissa Solja, Shan Xiaona, Sabine Winter, Kristin Lang!!, Chantal Mantz…

Bemerkenswerte Aufschlagkünstler weltweit:

Jan Ove Waldner, Vasile Florea!!, Vladimir Samsonov, Liu Gouliang!!!!, Kalinikos Kreanga, Ma Lin, Patrick Chila, Werner Schlager, Ma Long, Fan Zhendong, Koki Niwa, Jun Mizutani, Kazuhiro Yoshimura, Hugo Calderano, Kanak Jha, Kenta Matsudaira, Masataka Morizono, Anton Källberg, Pär Gerell, Kristian Karlsson, Gustavo Tsuboi…

Bemerkenswerte Aufschlagkünstlerinnen weltweit:

Csilla Bartofi, Mima Ito, Kasumi Ishikawa, Bernadette Szocs, Elizabeta Samara, Daniela Monteiro-Dodean, Chen Meng, Ding Ning, Liu Shiwen, Sofia Polcanova, Mathilda Eckholm, Wang Manyu..

Würde man diese oben aufgeführten “Aufschlagartisten” tabellarisch nach ihrem jeweiligen Geburtsjahr oder auch nach der jeweiligen Spielzeit zuordnen, würden aktuelle Aktive (sowohl im Damen- als auch im Herrenbereich) deutlich überwiegen.

Aus diesem nicht zu leugnenden Sachverhalt kann man eindeutig die zunehmende Bedeutung des Aufschlages in dem TT-Profisport ableiten.

Erfahrungsgemäß wirken diese Entwicklungen mit gewissen Zeitverzögerungen bis in den Amateurbereich nach.

2.7 Wo aber liegt das Geheimnis eines guten – sprich erfolgreichen Aufschlags?

Liebe Leser, lassen Sie mich bitte hier den erfahrenden Tischtennistrainer und Autoren Dr. med. J. Trupkovic zitieren, der in seinem bemerkenswerten Sachbuch “Wege zum Leistungstischtennis” bereits 1978 ausführte: “Ein Aufschlag kann nur dann erfolgreich sein, wenn bei einer für den Gegner scheinbar gleichen Bewegung zwei verschiedene Rotationen ausgeführt werden können”.

Ich finde, schöner und knapper kann man das Geheimnis eines erfolgreichen Aufschlages auch kaum beschreiben. Nachstehende Aufschlagarten werden praktiziert:

– per Vorhand

– per Rückhand

Der Vorhandaufschlag wird sowohl im Amateur- als auch im Profibereich am häufigsten praktiziert und wird von diversen Experten auch als “wirkungsvoller” eingestuft als mit einer Rückhand, bei der die Handgelenksbewegung eher eingeschränkt ist.

Gegen diese These würden selbstverständlich sofort – überwiegend die Ostblockstaaten – ihr Veto einlegen wollen, da gerade in der früheren Sowjetunion oder Balkanländer hat/hatte der Rückhandaufschlag eine sehr große Anhängerschar (Dimitri Mazunow, Darko Jorgic, Lucjan Blaszcyk, Alexsandar Karakasevic, Zoran Primorac als Beispiele bevorzugten oder bevorzugen überproportional die Rückhandvariante beim Ausschlag).

Die Aufschlagart ist natürlich nur eine von vielen Einflussgrößen maßgebend für die Wirksamkeit eines Aufschlage. Eine weiterer wesentlicher Faktor ist die vermittelte Schnittvariante, als da sind:

– Unterschnitt

– Oberschnitt

– Seitenschnitt

– kein Schnitt

– Kombinationsarten von Schnitt

– Unterschnitt mit Seitenschnitt

– Oberschnitt mit Seitenschnitt

– Oberschnitt mit Tempo (auch Kickaufschlag genannt)

Nach meinen Beobachtungen wird der vorzugsweise der Unterschnitt von vielen Aktiven vom Amateurbereich bis hin in die Weltklasse e verwendet. Er hat den Vorteil, dass der Ball vom Aufschläger kurz hinter das Netz platziert werden kann und zudem – je nach Schlagtechnik und Balltreffpunkt auf dem Schägerbelag– auch mit wirkungsvoller Seitenrotation gekoppelt werden kann.

Der Oberschnittaufschlag wird von vielen Aktiven – vorzugsweise mit der Rückhand geschlagen. Am wirkungsvollsten ist er, wenn es gelingt mit der Rückhand unterschiedliche Schnittvarianten zu praktizieren (Dimitri Ovtcharov ist hierfür ein gutes Beispiel).

Seit geraumen Jahren wächst die Begeisterung der Fans für den Kickaufschlag, der nahezu ausschließlich mit der Vorhand geschlagen wird, aber auch für den Aufschläger diverse Risiken trägt. Diese Aufschlagart verzeiht absolut keinen technischen Fehler. Der Ball muss nämlich unbedingt mit hohem Tempo bereits am äußersten Ende der eigenen Tischseite getroffen werden und mit einem Kick (entweder schnittlos oder im Idealfall mit einem leichten Überschnitt versehen) auf das äußertste Ende der gegnerischen Tischhälfte platziert werden.

Unvergessen der Kickaufschlag von Jan Ove Waldner im Finale der 44. TT- WM 1997 in Manchester gegen keinen Geringeren als Vladimir Samsonov, der seinerzeit die stolze Krone des Welttischtennis trug. Die Zuschauer tobten ob der ungeheuren “Majestätsbeleidigung”, als Jan Ove diesen Kunstschlag mitten in einem Weltfinale erfolgreich einsetzte. Vladi schaute sowas von konsterniert drein und erholte sich auch fortan nicht.

Ein einziger bedeutsamer Schlag hatte seine Spuren hinterlassen. (Für Neugierige, einfach mal bei YouTube suchen). Jan Ove gewann ganz sicher 3:0.

Der Stip-Aufschlag gehört zurzeit noch zu den “Exoten” bei der Ausführung. Er wird im Welttischtennis vorzugsweise von Dimitri Ovtcharov und Kenta Matsudaira praktiziert.

Bei der Ausführung geht der Schläger in die Hocke und versucht mit Vorhand aber auch wahlweise Rückhand je nach Aufschlagpunkt auf dem Schläger dem Ball unterschiedliche Rotationen zu verleihen.

Unter You Tube findet man diverse Anleitungen zu den diversen Aufschlagsarten. Diese hier in allen Einzelheiten zu beschreiben, würde den hier gesteckten Rahmen sprengen.

Neben der Aufschlagart und Schnittvariante kommen noch weitere Faktoren für einen erfolgreichen Aufschlag zum Tragen: Der Balltreffpunkt auf dem Schlägerbelag.

Bereits als Kleinkind kommt man mit der Physik und seinen Naturgesetzen in Konflikt. Die Schwerkraft bringt uns schmerzlich in Erinnerung, wie es ist, wenn Körper von einem stabilen Zustand in einen labilen geraten. Begeisternd nehmen kleine Kinder zur Kenntnis, dass über die Hebelwirkung selbst der schwere Papa ein Leichtgewicht werden kann. Vorausgesetzt das Kind sitzt ganz hinten und der Vater vorne auf diesem Spielgerät.

Genauso verhält es sich beim Tischtennissport. Ein Ball der am unteren Ende eines Schlägerbelages getroffen wird, erhält bei identischer Handbewegung immer mehr Rotation als wenn dieser Ball im oberen Bereich (also nahe der Schlaghand) getroffen wird.

Damit ist vorgezeichnet, sofern einem Ball mehr Rotation zugedacht werden soll, sollte man den Balltreffpunkt möglichst immer im unteren Bereich (auch Schlägerkopf genannt) anstreben.

Damit erschöpfen sich aber noch längst nicht alle Möglichkeiten einer wirkungsvollen Aufschlagvariante, denn genauso entscheidend ist, ob der Ballkontakt vor dem imaginären Wendepunkt einer Schlägerbewegung ausgeführt oder nicht.

Ich würde allen ernsthaft ambitionierten Spielern empfehlen, sich mit einem Aufschlag-Lehrvideo (z. B. von Timo Boll) diesem Thema ernsthaft zu nähern. Ein bewegtes Bild kann komplexe Zusammenhänge erheblich besser verdeutlichen als “sture” Texte es hier vermögen.

Und wenn jetzt eine kritische Stimme im “Off” ertönt, war’s das denn nun endlich mit dem Thema “Geheimnisse eines effektiven Auschlags”? Nein. Leider nicht.

Dazu kommen noch Faktoren wie Wurf- und Fallhöhe des Balles die Belagarten, mit denen ich den Ball treffe und der allerwichtigste Faktor. Der Handgelenkeinsatz.

Wenn man sein Handgelenk nicht in jener entscheidenden Millisekunde des Ballkontaktes zum Schläger mittels einer beabsichtigten Hand- Bewegung förmlich “explodieren” lassen kann, dann war alles für die Katz. An dieser kaum sichtbaren Bewegung, die ausschließlich dazu dient, um eine geplante Schnittvariante wirkungswoll und nachhaltig auszuführen, hängt zuweilen die zentrale Frage: Sein oder Nichtsein. Sieg oder Niederlage.

Aus den obigen Ausführungen, die mit Sicherheit nicht in ihrem Umfang komplett sein kann, kann man allerdings deutlich erkennen oder zumindest erahnen, wie komplex ein Aufschlag ist/sein kann. Und es gibt nicht wenige Aktive, die darauf hinweisen, dass dieser Schlag – vor allem wirkungsvoll ausgeführt – das schwierigste Element überhaupt im Tischtennis wäre. Dem möchte ich nur beipflichten.

2.8. Hat die letzte Aufschlagregeländerung durch die ITTF tatsächlich sein ursprünglich angestrebtes Ziel erreicht?

Es ist somit nicht verwunderlich, dass aufgrund des hohen Erfolgsfaktors per Aufschlag direkt einen Punkt zu erzielen, dieser Schlag beim Training eine besondere Aufmerksamkeit erfährt.

Profispieler erklären gerne, dass sie stundenlang mit monotonen Aufschlagtraining eingebunden sind.

Im Amateurbereich (vor allem in den unteren Klassen) scheint dieser Anspruch nicht gerade Begeisterungsstürme ausgelöst zu haben, aufgrund des durch Beruf und Schule limitierten Zeitaufwandes, kommen überwiegend andere Trainingsübungen als der Aufschlag zum Tragen.

Fassen wir unsere bisher gewonnenen Erkenntnisse zusammen:

1. Eine objektive Kontrolle der Ausführung eines korrekten Aufschlag ist weder dem Schiedsrichter, noch den Zuschauern und oftmals nicht einmal dem Gegner gegeben.

2. Diese Unsicherheit führt de facto zu Unstimmigkeiten zwischen Spielern und den Schiedsrichtern.

Zu diesen Erkenntnisse kommt noch die Frage der Zielerreichung dazu:

3. Die letzte Regeländerung durch die ITTF hatte als erklärtes Ziel, das TT-Spiel attraktiver zu gestalten. Dies ginge n. E. nur durch eine Entschärfung der Aufschläge, da gerade längere Ballwechsel für die Zuschauer attraktiver sind. Mit der Erfüllung dieses Zieles verband sich die Hoffnung beim ITTF eine höhere Nachfrage der Spiele in den Medien zu generieren.

4. Betrachtet man aber heutzutage den Tischtennisspitzensport in den Medien, so kommt man nicht umhin festzustellen, dass unser Sport leider weiterhin ein Schattendasein führt. Einzig die zahlreichen Internetübertragungen sind für viele Tischtennisenthusiasten eine wahre “Ode an die Freunde”.

5. Selbst für die hartgesottensten Tichtennisfreaks hat die Übertragung eines Bundesligaspieles einen höheren Unterhaltungswert, als wenn man die Matches der absoluten Weltspitze zuschaut. Bedingt durch die “hohe Qualität” des Aufschlagspieles der chinesischen Cracks sind in der Folge die Ballwechsel überwiegend extrem kurz.

6. Selbst die mittlerweile eingeführte Vergrößerung des Balles von 38 auf 40 mm sowie die Ablösung des Zelluloids durch Plastik haben absolut keinen Effekt auf

Mein Ergebnis: Das angestrebte Ziel ist immer noch nicht erreicht. Es bedarf einer dringlichen Nachjustierung.

2.9 Welche Risiken könnten bei einer Beibehaltung der existenten Aufschlagregel die Folge sein?

Falls es dem ITTF nicht in angemessener Zeit gelingt, das Regelwerk so anzupassen, dass

– die Aufschlagkontrolle für Schiedsrichter, Gegner und Zuschauer einfacher nachzuvollziehen ist

– der Aufschlag-Return durch den Gegner einfacher zu antizipieren ist und damit weniger fehlerträchtig

sehe ich die ernste Gefahr, dass unser ambitionierter Nachwuchs im stärkeren Maße das Interesse am TT-Sport verliert (wer hat denn schon ernsthaft als Heranwachsender Lust, in jedem Training stupide eine Stunde Aufschläge zu üben).

Ihr werdet mir hoffentlich recht geben. Tischtennis ist eine “geile” Sportart und fasziniert in erster Linie durch Bewegung, durch spektakuläre Ballwechsel und nicht durch einen möglichst raffinierten “Einwurf” ins Feld.

Da allerdings sämliche Änderungen aus den letzten Jahren die vom ITTF angestrebten oben aufgeführten Ziele für den Aufschlag nicht griffen, steht jetzt der Tischtennissport vor der ganz entscheidenden Frage. Quo vadis? Und was tun?

Zudem: Ziehen die Nationalverbände auch mit? Nationen, die jahrelang Zeit und somit Geld in Aufschlagtraining “investiert” haben, könnten ihr Veto bei einer beabsichtigten neuen Regeländerung einlegen. Nur: Für mich gibt es überhaupt keine Alternative zu einer revolutionären Änderung als immer nur kleine Puzzlestücke nach dem Prinzip “Hoffnung”, die weder kontrollierbar noch von den Aktiven praktiziert werden?

Dementsprechend halte ich es für dringlich notwendig, dass das ITTF hier so schnell wie möglich das Steuer herumreißt – unser Schiff m. E. ist leider auf einem falschen Kurs.

2.10 Empfehlungen (subjektiv)

Um die beiden Ziele, Aufschlagentschärfung mit längeren Ballwechseln und verbesserten Nachvollzug der Aufschlagkontrolle zu ereichen, gibt es natürlich kein Patentrezept.

Wenn das so einfach wäre, wären die unzähligen Aktiven und Funktionäre auch selbst darauf gekommen.

Aber gerade in diesen Zeiten, wo vielfältige Experimente über die Zählweise, die Tischfarbe, der Fußbodenbelagfarbe, Vermarktungsform, aufregende neue Belagfarben oder Click-Tischtennisturniere an der Tagesordnung sind, sollte der kritische Punkt “Aufschlagregel” niemals aus den Augen verloren werden.

Auf alle Fälle sollten die Sprecher der Aktiven in zukünftige Entscheidungsprozesse des ITTF noch stärker eingebunden werden.

Es sollte allen Funktionären klar sein, dass der E-Sport der jungen Generation erheblich mehr Aufregung und Abwechselung bietet, als stupides Aufschlag-Rückschlag-Spiel.

Die Schönheit und Ästhetik unseres Sportes muss wieder höhere Wertschätzung erhalten als ein trickreiches Aufschlagsspiel. Ich bin der Meinung, der ITTF sollte unbedingt zwei Versuchsreihen forcieren:

1. Aufschläge dürfen nur mit der Rückhand vor dem Körper und in allen Phasen sichtbar in das diagonale Feld des Gegners geschlagen werden.

2. Erhöhung des Netzes von 15,25 auf die eine Höhe zwischen 16 und 17 cm.

Diese Tests sollten möglichst auf breiterer Ebene durchgeführt werden und sollten sogar wissenschaftlich begleitet werden, damit endlich – nach langen Jahren – ein wirklicher Durchbruch im Regelwert erreicht wird. Unser Tischtennissport hat es mehr als nur verdient, nachvollziehbarer und attraktiver zu werden. Unser Sport sollte wieder mehr als Lust anstelle als Last begriffen und gewürdigt werden. Wir müssen es nur wollen.

Viele Grüße,

euer Roland aus dem XOLAY-Redaktionsteam